Bei Putin wird protestiert, bei Netanjahu geschwiegen? Nicht wenige werfen der Merz-Regierung nach dem präventiven Großangriff Israels gegen den Iran „Doppelmoral“ vor. In beiden Fälle würde es schließlich um völkerrechtswidrige Angriffe gehen, während die Reaktionen anders ausfallen. Doch es gibt auch andere Stimmen, die Verständnis für die Sorgen Israels vor einer Atomwaffen-Gefahr durch den Iran zeigen.
Während das Auswärtige Amt von Außenminister Johann Wadephul den „unterschiedslosen iranischen Angriff auf israelisches Staatsgebiet aufs Schärfte“ verurteilt, zeigt die Bundesregierung Verständnis für das Vorgehen Israels. „Das Nuklearprogramm Irans verstößt gegen den Atomwaffensperrvertrag und bedroht die gesamte Region – insbesondere Israel“, heißt es in einem Statement. Und weiter: „Israel hat das Recht, seine Existenz und die Sicherheit seiner Bürger zu verteidigen.“
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Schweigen bei Israel: „Schwächt die Glaubwürdigkeit des Westens“
Das Völkerrecht allerdings setzt enge Grenzen für Präventivschläge als letztes Mittel, wenn eine unmittelbare und existenzielle Bedrohung besteht. Zwar zeigte sich die unabhängige Internationale Atomenergiebehörde erst kürzlich besorgt darüber, dass der Iran waffenfähiges Uran anreichert. Doch gleichzeitig liefen noch diplomatische Bemühungen der Trump-Regierung. Am Sonntag hätte es die nächste Verhandlungsrunde zwischen dem Iran und den USA über das Atomprogramm gegeben. War die Eskalation zu diesem Zeitpunkt also gerechtfertigt und zwingend nötig?
Der Europaabgeordnete Fabio De Masio von der Wagenknecht-Partei BSW sieht das nicht so. Er wirft der Merz-Regierung vor, die Handlungen von Russland und Israel mit unterschiedlichen Maßstäben zu bewerten. Dass Deutschland die Regierung Netanjahu nicht für den Präventivangriff verurteilt, „entlarvt die Doppelmoral“, meint De Masi.
Im Gespräch mit dem „Spiegel“ kritisiert auch Rechtsprofessor Kai Ambos den Westen. „Schweigt Deutschland zu solchen Völkerrechtsverletzungen, ist das Wasser auf die Mühlen uns eher feindlich gesinnter Regime, die sich dann bei ihren eigenen Völkerrechtsverletzungen auf die Doppelmoral des Westens berufen – wie es etwa die Russen permanent hinsichtlich der Ukraine tun“, so Ambos. „Solche Aktionen Israels schwächen die Glaubwürdigkeit des Westens, wenn dieser nicht die gleichen Maßstäbe wie bei Russland oder anderen, uns nicht so nahestehenden Staaten anwendet.“
Iran hat das Staatsziel der Vernichtung Israels: „Terrorregime“
Eine Gegenposition vertritt der bekannte Islam-Kritiker Ahmad Mansour auf X: „Israel hat niemals zur Auslöschung Irans aufgerufen. Der Iran hingegen ist das einzige UN-Mitglied, dass offen die Vernichtung eines anderen Staates fordert – Israels. Wir sprechen hier von einem Terrorregime, das seine eigene Bevölkerung in Armut hält, während es Milliarden in Terrororganisationen pumpt.“
Die westliche Politik der Beschwichtigung sei gescheitert, stellt Mansour fest. Sie habe die atomaren Ambitionen des Iran nicht gestoppt. „Am Ende blieb nur das Militärische“.
Im Deutschlandfunk-Interview erkennt auch Jürgen Hardt, der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, „eine ernsthafte Bedrohung Israels“ durch den Irans. Israel habe das Risiko wahrgenommen, durch Atomwaffen in den Händen des Mullah-Regimes erpressbar zu werden.
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Wird der Iran nun noch mehr angestachelt?
Andere weisen darauf hin, dass die Gefahr einer Atomwaffen-Produktion jetzt sogar gestiegen sein könnte. Darauf weist auch die Iran-Expertin und ehemaligen Mossad-Mitarbeiterin Sima Shine hin. Im israelischen Fernsehsender N12 sagte sie, dass das iranische Atomprogramm durch die bisherigen Angriffe nicht entscheidend beschädigt worden sei. Der Iran könnte motivierter denn je sein, die Bombe zu bauen.