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Braunschweig: Zwischen Wut und Trauer – Schwestern aus Palästina am Rande der Verzweiflung! „Ich weine jeden Tag“

Oula und Badrie leben in Braunschweig, ihre Wurzeln liegen aber in Palästina – der Krieg bringt sie an den Rand der Verzweiflung.

Braunschweig
© IMAGO/USA TODAY Network

Beispielloser Angriff der Hamas auf Israel

Die militante Palästinenserorganisation Hamas hat einen beispiellosen Angriff auf Israel gestartet und dem Land damit nach den Worten von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu den Krieg erklärt. Aus dem Gazastreifen wurden tausende Raketen auf Israel abgefeuert, Kämpfer sickerten nach Armeeangaben zudem mit Gleitschirmen, über das Meer und zu Land nach Israel ein. Nach Angaben israelischer Rettungskräfte wurden in Israel mindestens 40 Menschen erschossen und hunderte weitere verletzt.

Oula und Badrie leben und arbeiten in Braunschweig. Doch ihre Wurzeln liegen woanders. In Palästina. Dort wo jetzt Krieg herrscht. Wo tausende unschuldige Menschen – Kinder – sterben. Den beiden Frauen geht es schlecht. Sie weinen täglich. Aus Wut, aber auch aus Trauer.

Sie können vieles nicht verstehen, einiges aber schon. Die zwei Unternehmerinnen aus Braunschweig erzählen News38, was sie sich von Herzen wünschen – und was auf dieser Erde einfach keinen Platz mehr hat.

Braunschweig: „Tod ist keine Lösung“

Vor siebeneinhalb Jahren hat die 34-jährige Oula ihr Geschäft in Braunschweig eröffnet. Irgendwann kam dann auch ihre kleine Schwester Badrie (33) dazu. Die beiden Frauen sind zwar im Libanon geboren, doch ihre Familie kommt eigentlich aus Palästina. Ihr Großvater floh aus dem Dorf al-Bassa. Das Dorf gibt es jetzt gar nicht mehr. Doch die Heimat hinter sich zu lassen, schüttelte den Krieg nicht ab. Der Vater der beiden Schwestern wanderte deshalb irgendwann nach Deutschland aus. „Mein Großvater hatte schon zwei Söhne im Krieg verloren. Er wollte nicht noch seinen dritten verlieren“, erzählt Badrie News38.

Krieg spielt eine zentrale Rolle im Leben der beiden Frauen. Schon immer. Sie waren noch nie in dem Land, in dem ihre Wurzeln liegen. Oft haben sie es versucht. „Aber es ist zu risikoreich“, erklärt Oula. Seit Jahrzehnten besteht der Konflikt zwischen Israel und Palästina. Das forderte auch viele Opfer in der Familie der beiden Schwestern. „Wir haben viele Verwandte in der Vergangenheit verloren“, so Oula weiter. Auch durch den aktuellen Krieg? „Mit den Jahren verschwimmt, mit wem man verwandt ist und mit wem nicht. Aber wir haben keine Verwandten mehr in Palästina, die wir direkt kennen.“

Der Krieg in Israel führt Oula und Badrie an ihre emotionale Belastungsgrenze. Die Bilder, die Videos, das Leid. „Ich weine jeden Tag. Es ist einfach schlimm – und das auf beiden Seiten“, erklärt die jüngere Schwester Badrie. Denn eines machen die beiden Schwestern ganz deutlich: „Es ist egal von welcher Seite der Terror kommt: Tod ist keine Lösung.“ Was passiert, sei geplanter Mord.

„Man wird in eine Terror-Ecke gestellt“

Oula fasst das zusammen, was beide fühlen: „Ich distanziere mich klar von Terror jeglicher Art. Ich habe damit nichts zu tun und will ich auch nicht.“ Dass unschuldige Menschen sterben, nur weil der Konflikt nicht geklärt werden könne, sei nicht fair. „Egal, wer was in die Luft sprengt. Das ist einfach herzlos“, so Badrie.

Genau dann kocht bei den beiden Frauen aber auch die Wut hoch und löst die Trauer ab. Dass in der aktuellen Situation Palästinenser jetzt oft mit Terror in Verbindung gebracht werden, ist für sie nicht zu verstehen. „Ich habe jetzt das Gefühl, wenn man in Deutschland die palästinensische Flagge, seine Identität zeigt, dass man in die Terror-Ecke gestellt wird, obwohl man da gar nicht hingehört“, fasst Oula ihre Sichtweise zusammen.

Unendliches Leid setzt Schwestern extrem zu

Badrie erinnert sich daran, dass sie auf der Demo vorm Braunschweiger Schloss war. Sie erzählt von ihrer kleinen Schwester, die Süßigkeiten an kleine Kinder in palästinensischer Traditions-Tracht verteilte. Der 33-jährigen schießen die Tränen in die Augen, sie versucht sie zu unterdrücken.

„Ich musste so weinen. Du siehst die wohlgenährten und glücklichen Kinder in sauberer Kleidung. Das wünscht du doch jedem Kind auf dieser Welt. Keine Bomben. Im Nahen Osten sieht die Welt einfach ganz anders aus.“ Das sollten sich gerade diejenigen Leute klar machen, die alle Pro-Palästina-Demonstranten wieder „zurück“ schicken möchten. Denn dort herrscht Krieg. Krieg, mit realen Bomben, tausenden Toten und unendlichem Leid.


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Öfter stellen sich die Schwestern im Gespräch die Frage, woher dieser ganze Hass kommt. Liegt es an den Kulturen, an den Sprachen? Oder geht es einfach nur um Macht. Doch auf die vielen Fragen finden sie keine Antworten. Antworten auf die große Menschheits-Frage, die uns seit Anbeginn der Zeit begleitet und verfolgt.

Mehr Aufklärung, auch in Deutschland, würde dazu beitragen, den Hass ein bisschen zu mindern. Aufklärung, wie es zu dem blutigen Konflikt zwischen Israel und Palästina kam – und den es seit über 75 Jahren gibt. „Es geht mir dabei nur um Fakten, die darlegen, was da über die Jahrzehnte passiert ist“, so Oula.

Oula und Badrie haben nur einen großen Wunsch

Ihr größter Wunsch: „Weltfrieden“, sagt Badrie und muss ein bisschen lachen, weil es so banal klingt. „Ich möchte, dass es eine friedliche Einigung zwischen Israeliten und Palästinensern gibt. Es sollen nicht mehr so viele unschuldige Menschen sterben.“ Wichtig ist Oula außerdem: „Ich wünsche mir einfach, dass die Palästinenser das Recht haben auch überall hinzureisen, dass das Land anerkannt wird, dass man als Palästinenser nicht gleich als Hamas-Mitglied abgestempelt wird.“

Mehr Zusammenhalt, mehr Menschlichkeit. Oula findet: „Diese Welt besteht nicht aus Grenzen, die haben Menschen gesetzt. Ein Baum setzt sich auch keine Grenzen, seine Wurzeln wachsen weiter.“