Treffen sich Peter Maffay, Tina Ruland, Martin Semmelrogge, Uwe Ochsenknecht und Sabine Christiansen am Ballermann auf Mallorca … Klingt absurd und ist es auch. Noch absurder erscheint es, dass ausgerechnet der Deutsche Konsul auf Mallorca, Wolfgang Engstler, eben diese illustre Truppe an die berüchtigte Partymeile gelockt hat.
Der Anlass: Der Tag der Deutschen Einheit. Oder besser: Das Feiern in den Tag der Wiedervereinigung – es ist der Abend des 2. Oktober. Eine offizielle Veranstaltung der Bundesrepublik, genauer gesagt des Außenministeriums. Und das im Epizentrum der Partykultur. Doch bei längerem Nachdenken folgt der Schluss: Da wächst doch endlich das zusammen, was zusammengehört.
„Wer ist eigentlich der Zoo? Die oder wir?“
Der Ballermann ist wohl der urdeutscheste Platz, den Mallorca zu bieten hat. Und deshalb sollte sich wohl eher die Frage gestellt werden, weshalb keiner von Engstlers Vorgängern je auf die Idee kam, eben an jenem Ort der Wiedervereinigung zu gedenken, wo sich seit Mauerfall am innigsten, am wahrscheinlich körperlichsten innerdeutsch vereinigt wurde.
+++Mallorca-Touristen machen kurzen Prozess – „Den brauchen wir hier nicht!“+++
Und so versammelt sich am Vorabend des Feiertages eine Hundertschaft neugieriger Herren im Jackett oder in Uniform (Offiziere der spanischen Armee) und Damen in dezenter Abendgarderobe im edlen „Joy Palace“, einem neuen Event-Restaurant, direkt zwischen „Megapark“ und „Oberbayern“. Das „Joy Palace“ liegt halboffen in erster Meereslinie. Das Einzige, was hier die Urlauber von den Würdenträgern und Prominenten trennt, ist eine dicke Kordel. Zwei Securities passen auf, dass kein irrlichternder Inseltrinker vom Weg abkommt. Oder sich ein Würdenträger in den Megapark verläuft.

Ein spanischer Drei-Sterne-General grinst, als eine Horde Deutscher in rosa Trikots bierselig an ihm vorbeizieht. Die Jungs grinsen ebenfalls. „Was macht denn so einer am Ballermann?“, mögen sie denken. Und so starren sich über die Kordel immer wieder zwei Personengruppen, neugierig, häufig amüsiert an. Ballermann-Urlauber scheinen die Welt an der Playa nicht mehr zu verstehen. „Wer ist eigentlich der Zoo? Die oder wir?“, fragt ein Gast.
„Ist die Merkel auch hier?“
Es ist 19.18 Uhr als der Konsul ans Mikrofon tritt. Engstler blickt ernst in den Sonnenuntergang. Jetzt wird er seine Rede halten. Eine Rede, die für jeden deutschen Diplomaten die wichtigste des Jahres ist. Gewichtige, nachhaltige Gedanken zur Wiedervereinigung. Und das am Ballermann. Kaum fängt Engstler an, wird er undiplomatisch unterbrochen. „Lauter!“. Aber so einfach ist das nicht an der Playa. Ein Straßenmusiker der sich keine 20 Meter entfernt an der Strandpromenade aufgebaut hat, pfeift auf das Gedenken.
„ I wanna know, have you ever seen the rain?“, schmettert er dem Diplomaten entgehen. Engstler spricht über den Kampf für Freiheit und Demokratie, der zum Zusammenwachsen der Nation führte. Der Straßenmusiker wechselt das Lied: „Our love is alive and so we begin“. Am Ballermann passen trotz all der optischen und akustischen Gegensätze wirklich Dinge auf wundersamerweise zusammen.
Auf Engstlers wichtigste Rede des Jahres, die der Örtlichkeit angemessen unterhaltsam daherkommt, wird die Deutsche Nationalhymne gespielt. Von den Versammelten singt sonderbarerweise keiner, aber draußen schon. „Einigkeit und Recht und Freiheit“ erklingt es aus den Kehlen bunt gekleideter Passanten und Schaulustiger. Einer fragt: „Ist die Merkel auch da?“.
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„Als wir die Einladung zu der Veranstaltung verschickt haben, bekamen wir innerhalb einer Woche 90 positive Rückmeldungen“, erzählt Engstler später gegenüber unseren Reportern. „So viele wie noch nie“. Und auch noch nie waren so viele Prominente auf einer Einheitsfeier auf Mallorca. „Peter Maffay ist direkt nach seiner Landung zu uns gekommen!“

Neben ihm tanzen zwei Männer in Anzug zur Musik eines DJs. Beide halten dabei ein Stück Pizza in der Hand, dessen Belag gegen die Erdanziehung kämpft, während sie zur Musik singen. Menschen haben die Fähigkeit, sich wirklich sehr schnell an ihre Umgebung anzupassen. Und dennoch ließen sich Maffay, Ochsenknecht und Co. nur ganz kurz hier blicken. Ob es am Ballermann lag, wissen wir nicht.




