Lars Klingbeil wird voraussichtlich nächster Finanzminister von Schwarz-Rot, möglicherweise auch Vizekanzler. Als Herr über die Haushaltskasse wird er dann alle Ausgaben kontrollieren können und damit, neben dem Kanzler Friedrich Merz, voraussichtlich zur Schaltzentrale der Macht dieser Koalition werden.
Doch direkt fällt auf: Als Klingbeil Ende März bei Caren Miosga zu Gast war, sprach er deutlich eindeutiger als am Tag der Präsentation des Koalitionsvertrages. Man kann auch sagen, er hat seine feste Zusage vergessen.
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Klingbeil zieht Lehre aus Ampel – doch macht es dann doch anders
Bei Miosga machte Klingbeil nämlich noch unzweifelhaft klar, dass alles im Koalitionsvertrag durchfinanziert sein müsse. Wörtlich sagte er im ARD-Talk:
„Das, was ich erwarte und wo ich auch keinen Zentimeter davon abrücken werde: Alles, was im Koalitionsvertrag steht, muss finanziert sein. Ich werde nicht mehr, weil ich das in der Ampel erlebt habe, Sätze unterschreiben, die schön klingen. Wo am Ende, 5 Minuten nach Vertragsunterzeichnung, alle auseinander laufen und sie unterschiedlich interpretieren und dann feststellen, es ist kein Geld dafür da. Das wäre das Schlimmste, was man machen kann. Wenn wir sagen, wir machen eine Unternehmenssteuerreform oder wir stabilisieren die Renten oder wir machen etwas im Bereich der Pflege und dann muss man rumrennen und sagen, dafür fehlt das Geld.“
Lars Klingbeil bei Caren Miosga (30. März)
Der Koalitionsvertrag müsse „von finanzpolitischer Solidität geprägt“ sein, so die Ansage des SPD-Chefs. Am Mittwoch klang das plötzlich anders. Zwar präsentierten Union und SPD eine Einigung, aber die Finanzierung ist eben doch nicht sattelfest. „Alles steht unter Finanzierungsvorbehalt“, so Klingbeil im ZDF.
„Finanzierungsvorbehalt“: Vieles steht auf der Kippe
Genau diese Einschränkung ist auch unter den Leitlinien der Haushalts- und Finanzpolitik im schwarz-roten Papier zu finden: „Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages stehen unter Finanzierungsvorbehalt.“
Damit vertagt Schwarz-Rot die Finanzierung von Projekten eben doch in die Zukunft – verbunden mit einem großen Streitpotenzial in Zeiten knapper Kassen! Welche Maßnahmen werden dann priorisiert? Sind es Investitionen, die eher der Agenda von CDU/CSU entsprechen? Oder jene, die von SPD-Seite vorangebracht werden? Lars Klingbeil wird als designierter Finanzminister im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen stehen.
Auch Thorsten Frei (CDU), der mögliche nächste Kanzleramtschef, erklärt es ähnlich wie Klingbeil im ARD-Interview. Wobei er den Vorbehalt einschränkt: „Nicht alle Vorhaben im Koalitionsvertrag stehen unter Finanzierungsvorbehalt. Und deswegen findet man auch ganz häufig die Formulierung ‚wir werden‘. An anderen Stellen ist es ein ‚wir wollen‘, weil man nicht alles, was drinsteht, zwingend auch machen kann.“
Es gebe „prioritäre Maßnahmen“, die auf jeden Fall umgesetzt werden, so Frei. Andere Dinge bräuchten einen soliden Haushalt und Wirtschaftswachstum, also auch steigende Steuereinnahmen, als Voraussetzung der Finanzierbarkeit.
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Damit könnte es aber auch sein, dass viele Vorhaben von Schwarz-Rot Luftschlösser bleiben. Klingbeil hatte bei Miosga deutlich mehr Verbindlichkeit in Aussicht gestellt.