Die Mittelschicht spielt eine zentrale Rolle in der politischen Debatte – doch was bedeutet dieser Begriff eigentlich? Viele Deutsche ordnen sich selbst dort ein, obwohl nur knapp die Hälfte tatsächlich zur Mittelschicht gehört.
Umfragen zeigen, dass Gehälter und Einkommensgrenzen oft falsch eingeschätzt werden. Diese Fehleinschätzungen beeinflussen nicht nur die Selbstwahrnehmung der Bürger, sondern auch politische Entscheidungen und Diskussionen.
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Wie das Gehalt die Mittelschicht definiert
Mit einer Zugehörigkeit zur Mittelschicht werben viele Parteien, weil sich die Mehrheit der Deutschen dort wiederfindet. Laut einer IW-Umfrage zählen sich 54,5 Prozent der Menschen zur Mittelschicht. Tatsächlich gehören jedoch nur 48 Prozent zu dieser Einkommensgruppe. Die beiden Autoren der Studie, Judith Niehues und Maximilian Stockhausen, erklären darin: „Wenig verwunderlich, da sich die meisten Menschen in Deutschland bei diesem Begriff angesprochen fühlen.“
Ein Grund dafür ist die Fehleinschätzung bei der Einordnung von Gehältern. Laut Untersuchungen überschätzen viele die Schwelle zum Reichtum deutlich, oft um die Hälfte. Einnahmen, die statistisch zu den reichsten fünf Prozent zählen, werden häufig als Mittelschicht betrachtet. Armut, die einfacher zu definieren ist, wird hingegen realistischer eingeschätzt. Einkommensforscher Marius Busemeyer sieht in dieser Selbstwahrnehmung eine „ausgeprägte Tendenz zur Mitte“.
Ein prominentes Beispiel: Selbst gut verdienende Personen, wie Bundeskanzler Friedrich Merz, bezeichnen sich manchmal als Mittelschicht. Dies liegt daran, dass „Reichtum schwerer zu begreifen“ sei, so Busemeyer gegenüber „BuzzFeed News Deutschland“. Menschen orientieren sich oft am eigenen Umfeld und nehmen ihre Position auf der Gehaltsskala subjektiv wahr.
Wie groß ist das Spektrum?
Die Grenzen für die Mittelschicht variieren je nach Berechnungsmodell. Die Ökonomen des IW definieren sie als Haushalte mit einem bedarfsgewichteten Nettoeinkommen zwischen 80 und 150 Prozent des mittleren Einkommens (Median). Für eine vierköpfige Familie liegt dieses Einkommen zwischen 3.880 und 7.280 Euro pro Monat.
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Haushalte mit einem Einkommen von weniger als 2.910 Euro gehören zu den untersten acht Prozent. Hingegen zählen Gehälter über 12.140 Euro zu den obersten fünf Prozent. Begriffe wie „obere Mitte“ oder „untere Mitte“ orientieren sich an weiteren Abstufungen des verfügbaren Einkommens.
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