Veröffentlicht inPolitik

Obdachlosen Geld geben? Influencerin rüttelt auf – „Wer bin ich denn?“

IInfluencerin kritisiert Umgang mit Menschen, die unter Obdachlosigkeit leiden: „entmenschlichend und anmaßend und Scheiße.“

„Ich hab was richtig Blödes geglaubt!“ – Influencerin packt über Obdachlose aus.
© imago/Winfried Rothermel

Ehemaliger Obdachloser packt aus: So war das Leben auf den Straßen Berlins

Wir trafen in Berlin auf Dieter Bichler. Dieter wohnte mehrere Jahre auf der Straße und hat somit erlebt was viele von uns sich nichtmal vorstellen wollen. Im Interview teilt er seine Erfahrungen.

Die Influencerin Lilly Weichelt macht in einem emotionalen Video ein Geständnis: „Ich habe viel zu lange was richtig Blödes geglaubt.“ Es geht um ihren früheren Umgang mit Obdachlosen und was sie jetzt tut. Doch wie verhält man sich wirklich richtig?

Auch interessant: ++Angriffe auf den CSD: „Angst um Daseinsberechtigung“++

Jahrelang habe sie angenommen, man solle Obdachlosen kein Geld geben – sie würden es ohnehin nur für „Alkohol und Drogen“ ausgeben, berichtet Weichelt. Diese Annahme, so die Influencerin, sei ihr als Kind vermittelt worden und habe sich „über 30 Jahre“ in ihrem Kopf gehalten – „ohne dass ich das je hinterfragt habe“.

„Ich schäme mich sehr“: Influencerin über Obdachlosigkeit

Heute nennt sie diese Vorstellung „totaler Schmarrn“. Tatsächlich zeigen Studien, dass viele obdachlose Menschen Geld für „Hygiene, Essen, sowas“ ausgeben. Die Influencerin kritisiert die Haltung, Obdachlosen Vorschriften machen zu wollen: „Wer bin ich, dass ich einem anderen Menschen vorschreibe, wie der sein Geld ausgeben soll?“ Dieses Verhalten sei „entmenschlichend“ und „anmaßend“.

Schon gelesen? ++Schluss mit dem Generationenkrieg: Der Boomer-Soli wird die Rente retten++

Organisationen wie die Caritas und die Heilsarmee unterstützen wohnungslose Menschen in Deutschland und geben Tipps zum Umgang mit bettelnden Menschen. Die Caritas erklärt, Geldspenden seien wichtig. Auf ihrer Internetseite schreibt sie: „Entgegen vieler Klischees sind bei Weitem nicht alle Menschen, die betteln oder auf der Straße leben, dem Alkohol oder den Drogen verfallen.“ Außerdem: „Ist jemand tatsächlich süchtig, braucht er oder sie den Alkohol oder die Drogen, um zu überleben.“

Das sieht auch die Influencerin Weichelt so. Sie entrüstet sich: „Wer bin ich, dass ich einem anderen Menschen vorschreibe, wie der sein Geld ausgeben soll? Ich habe doch keine Ahnung, was das für eine Person ist, was das für Umstände sind. Dass ich daherkomme und sage, ich weiß es aber besser. Das ist doch total entmenschlichend und anmaßend und Scheiße.“

Wie mit obdachlosen Menschen umgehen?

Die Heilsarmee sieht das etwas anders und weist auf ihrer Website darauf hin, dass Geldspenden helfen können – „aber nicht immer die beste Lösung sind“. Wer helfen wolle, könne auch Gutscheine für Essen oder Hinweise auf Beratungsstellen geben. Betont wird Grundlegendes: Man solle respektvoll und freundlich bleiben und den Blickkontakt halten. Auch kleine Gesten wie ein Lächeln oder ein Gespräch könnten Würde zurückgeben.


Mehr spannende Artikel:


Für die Influencerin Weichelt ist derweil klar: Wegschauen ist keine Option mehr. Sie versucht heute bewusst hinzusehen – „weil offensichtlich habe ich da einen riesigen Blindspot in meinem Privileg“. Ihr persönlicher Tipp: „Ich versuche, mehr Bargeld dabei zu haben, wenn ich durch Städte laufe.“