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Salzgitter: Feiert der OB hier mit radikalen Extremisten? „Mit nichts zu entschuldigen“

Salzgitters OB lud zum Fastenbrechen ein. Mit dabei: Vertreter von radikalen Organisationen. Ein Experte rechnet mit dem CDU-Politiker ab.

Salzgitter
© Privat

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Na, ob er wirklich wusste, wen er sich da an den Tisch holte? Der Fastenmonat Ramadan endet, Muslime weltweit feiern das Zuckerfest. Das Fastenbrechen nach Sonnenuntergang (Iftar) ist auch für viele Politiker in Salzgitter ein Anlass, um mit Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen zusammenzukommen. Salzgitter-Oberbürgermeister Frank Klingebiel (58, CDU) lud am 13. April zum Fastenbrechen ein, empfing Vertreter verschiedener muslimischer Gemeinden.

Was dem Stadtvater aber wohl völlig entging: Unter den mehr als 120 geladenen Gästen im Event-Center Diamant in Salzgitter nahmen auch Vertreter von höchst umstrittenen Moscheegemeinden wie Ditib (gilt als langer Arm von Türkei-Präsident Erdogan) und IGMG („Milli Görüs“, vom Verfassungsschutz beobachtet) teil. Auch Vertreter der „Türk Federasyon“ sind am Start, und die sind hierzulande als „Graue Wölfe“ bekannt. Sie gelten laut Verfassungsschutz als größte rechtsextreme Bedrohung für die Bundesrepublik Deutschland!

Salzgitter: Feiert Oberbürgermeister Fastenbrechen mit radikalen Extremisten?

Was macht Salzgitter-OB Klingebiel da also mit Vertretern von Organisationen und Vereinen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden? Teilnehmer der Veranstaltung posteten auf Facebook fleißig Fotos mit dem Oberbürgermeister, lobten das Event. Dabei sind beispielsweise die „Grauen Wölfe“ äußerst gefährlich. Laut NRW-Verfassungsschutz sind die „Grauen Wölfe“ mit rund 11.000 Anhängern die stärkste rechtsextremistische Bewegung Deutschlands. Viele Mord- und Gewalttaten in der Türkei, aber auch in Europa und Deutschland werden den „Grauen Wölfen“ zugerechnet.

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Die Bewegung gilt als antisemitisch, rassistisch und insbesondere gegen Kurden, Aleviten und Armenier als gewalttätig. Selbst in Deutschland werden diese Bevölkerungsgruppen als „Feinde des Türkentums“ angegriffen. Die Bewegung ist mittlerweile in Frankreich und Österreich verboten, auch der Bundestag hat 2020 einen Prüfantrag für ein Verbot der „Grauen Wölfe“ verabschiedet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat den „Grauen Wölfen“ sogar eine eigene Publikation mit dem Titel „Türkischer Rechtsextremismus – Die Ülkücü-Bewegung“ gewidmet.

Salzgitter
Salzgitter: OB Klingebiel auf einem Gruppenfoto vom 14. April im Event-Center. Zu sehen sind auch Vertreter umstrittener Organisationen. Foto: Privat

OB Klingebiel: „Zufällig aufgenommenes Gruppenfoto“

Und CDU-Politiker Klingebiel sitzt mit Vertretern einer solchen Organisation am Tisch, trinkt und isst mit ihnen? Von News38 mit den Vorwürfen konfrontiert, wehrt sich der 58-Jährige: „Die Behauptung, dass die Stadt Salzgitter rechtsextreme Organisationen wie zum Beispiel die ‚Grauen Wölfe‘ zum Iftar-Empfang eingeladen hätte, ist falsch. Richtig ist, dass die Stadt Salzgitter vielfältige in der Stadtgesellschaft bekannte Verbände, Organisationen und Behörden eingeladen hat. Die Auswahl der Teilnehmer erfolgt ausschließlich durch die jeweilige Institution. Sie werden weder verfassungsrechtlich überprüft, noch wird ein polizeiliches Führungszeugnis angefordert. Das ist allgemein üblich.“

Er bedauere, dass durch ein zufällig aufgenommenes Gruppenfoto „auch mit mir persönlich nicht bekannten Personen“ der Eindruck entstanden sein könnte, dass „ich mit den ‚Grauen Wölfen‘ oder anderen rechtsextremistischen Gruppierungen sympathisieren oder die Stadt derartige Gruppierungen hofieren würde. Sollte dieser Eindruck tatsächlich bei jemanden entstanden sein, tut mir das leid.“ Klingebiel weiter: „Inhaltlich wären derartige Unterstellungen auch absurd. Seit meinem Amtsantritt vor gut 17 Jahren habe ich gemeinsam mit den Gewerkschaften und dem Bündnis ‚Salzgitter gegen Rassismus‘ auch tagtäglich öffentliche Flagge gezeigt für Respekt, Toleranz und Solidarität sowie Grund- und Menschenrechte.“

Türkei-Experte übt scharfe Kritik am Oberbürgermeister

Politikwissenschaftler Burak Copur (45) kann darüber nur den Kopf schütteln. Er ist Migrations- und Integrationsforscher, gilt zudem als international renommierter Türkei-Experte. Zu News38 sagt der Forscher aus Essen: „Früher habe ich gedacht, dass solche Einladungen für türkische Rechtsextremisten und Islamisten auf einer Naivität und Unkenntnis von deutschen Politikern beruhen.“


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Er geht hart mit Klingebiel ins Gericht: „Nachdem aber die Öffentlichkeit ausgiebig darüber informiert wird, wie gefährlich türkische Rechtsextremisten sind, halte ich ein solches Vorgehen durch den Oberbürgermeister als eine bewusste Entscheidung, türkische Nazis zum Fastenbrechen einzuladen. Das ist mit nichts mehr zu entschuldigen, sondern gefährdet das friedliche Zusammenleben in Deutschland und ist alles andere als ein Beitrag zum heiligen Monat der Muslime.“