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Karstadt-Mitarbeiter in Braunschweig bangen um ihre Existenz – „Mir geht’s beschissen“

Die Karstadt-Mitarbeiter bangen um ihre Existenz. In der Braunschweiger Innenstadt kämpften sie am Samstag (18. März) um ihre Arbeitsplätze.

Karstadt in Braunschweig
© News38

Das ist die Löwenstadt Braunschweig

Braunschweig ist von der Einwohnerzahl her die zweitgrößte Stadt Niedersachsens. In der Großstadt im Südosten des Bundeslandes leben knapp 250.000 Menschen. Braunschweig kann auf eine große Historie zurückblicken.

Das Karstadt-Aus in der Braunschweiger Innenstadt schockierte die ganze Region – im Januar 2024 sollen sich die Türen im Herzen der Innenstadt für immer schließen. Besonders die Mitarbeiter sind fassungslos und können das Aus nicht begreifen.

Zusammen mit Verdi trafen sich die Mitarbeiter am Samstag (18. März) vor der Karstadt-Filiale in Braunschweig zu einer Kundgebung. Vorort in der Schuhstraße wird eines ganz deutlich: Die Existenzangst ist bei allen groß.

Braunschweiger Karstadt-Mitarbeiter den Tränen nahe

Heike Jacobs arbeitet bei Karstadt an der Kasse und ist seit 42 Jahren bei dem Unternehmen. Ihre Kollegin Gabi Hanne bedient ebenfalls an der Karstadt-Kasse – seit ganzen 45 Jahren. Die beiden Frauen stehen am Samstagnachmittag am Haupteingang in der Schuhstraße und kämpfen um ihre Arbeitsplätze.

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Sie haben sich Schilder um den Hals gehängt, auf denen in roter und schwarzer Schrift steht: „Wir kämpfen, unterstützt uns“ oder „Jetzt sofort alle an einen Tisch“. Die beiden Mitarbeiterinnen verteilen Zettel, bitten Passanten an der Unterschriften-Aktion teilzunehmen und solidarisch für den Erhalt der Arbeitsplätze mitzukämpfen.

Karstadt in Braunschweig
Heike Jacobs (links) und Gabi Hanne (rechts) wollen um ihre Arbeitsplätze bei Karstadt Braunschweig kämpfen. Foto: News38

„Mental, geht es mir schlecht“, erzählt Heike Jacobs im News38-Gespräch. Ihre Familie hat das Karstadt-Aus gleich doppelt getroffen. Ihr Ehemann arbeitet in der Hildesheimer-Filiale, die auch dicht machen soll. Die Existenzangst ist riesig: „Das sind Existenzen, die hier dranhängen. Das Durchschnittsalter der Filiale liegt bei 53 Jahren. Die meisten gehen schon stark auf die 60 zu, wir haben einfach Existenzängste. Was wird aus uns oder unseren Familien? Wir müssen Miete und Essen bezahlen. Das geht mental schon sehr nah ans Unerschöpfliche.“

Für die Familie von Heike Jacobs steht viel auf dem Spiel: „Uns fehlt nachher eine Menge Geld und im Moment sind wir beide sehr geschockt. Das macht ja was mit den Menschen.“

Karstadt-Mitarbeiter in Braunschweig verzichteten auf Geld

Die Emotionen fahren bei Gabi Hanne und Heike Jacobs Achterbahn: „Wut, Traurigkeit, Entsetzen, weil man nicht damit gerechnet hat, weil man immer gedacht hat, wir machen einen guten Job gemacht“, so Gabi Hanne. „Wenn wir jetzt nicht unsere mediale Präsenz nutzen, ist jeder Zug abgefahren“, sagt Gabi Hanne gegenüber News38. Die Unterstützung der Presse, der Braunschweiger und der Politik sei enorm wichtig.


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„Im Alter ist die Möglichkeit einfach nicht mehr gegeben, weil man von allen abgestempelt wird, dass man zu alt ist“, so Hanne. Die beiden Frauen betonen: „Die Kollegen sind wie meine zweite Familie. Und die soll es dann einfach nicht mehr geben?“, fragt Heike Jacobs den Tränen nahe.

Karstadt-Betriebsrat gibt die Hoffnung nicht auf

Stefan Nagelschmidt ist seit 1990 bei Karstadt – seit 1998 ist er im Betriebsrat, 2003 ist er Vorsitzender geworden. „Ich kriege Montag meine eigene Kündigung auf den Tisch“, sagt er. „Wie soll es mir gehen? Familienvater von zwei Kindern und ich bin 50 Jahre alt. Mir geht’s beschissen“, offenbart Nagelschmidt gegenüber News38.

Braunschweig Karstadt
Stefan Nagelschmidt ist Betriebsratsvorsitzender bei Karstadt Braunschweig. Foto: News38

Doch die Hoffnung aufgeben, will der Betriebsratsvorsitzende noch nicht: „Wir sind noch nicht am Ende. Dieses Fünkchen Hoffnung ist noch da“, so der 50-Jährige. Innerhalb 1,5 Stunden haben 500 Braunschweiger unterschrieben und sich gegen das Karstadt-Aus ausgesprochen. In Essen setzte man sich außerdem letzte Woche im Unternehmen zusammen. Und dort sei deutlich geworden: „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“, so Stefan Nagelschmidt.