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Braunschweiger Klima-Kleber packt aus! „Krise ist ein so großes Problem, dass ich dem mein Leben unterordne“

Hendrik von der „Letzten Generation“ hat sich in Braunschweig „einbetoniert“. Für den Aktivismus geht er jedes Risiko ein – egal wie schmerzhaft.

Braunschweig
© Letzte Generation

„Letzte Generation“

Wer sind die Klima-Aktivisten?

Mit sogenannten „Betonhänden“ legten die Klima-Aktivisten der „Letzten Generation“ am Donnerstag (10. August) den Braunschweiger Verkehr lahm (wir berichteten). Stundenlang ging auf der Wolfenbütteler Straße und dem Heinrich-Büssing-Ring nichts mehr.

Die Polizei Braunschweig musste die Aktivisten mit Trennschleifern von der Straße schneiden, der Asphalt ist zerstört. Hendrik ist einer der „Letzten Generation“-Aktivisten, der sich vergangene Woche einbetonierte. News38 erzählt er, dass für ihn nur eines zählt: Auf die Klima-Krise aufmerksam machen – um jeden Preis.

Braunschweiger Klima-Kleber sind Konsequenzen egal

Der 22-jährige Hendrik hat sich am Donnerstag das erste Mal einbetoniert. Mit einem Gemisch aus Kleber und Sand stoppten die Aktivisten der „Letzten Generation“ den Verkehr. „Das war mein erstes erfolgreiches Mal. Ich bin einmal vorher daran gehindert worden, aber dieses Mal hat es geklappt“, erzählt der Vollzeit-Aktivist im News38-Gespräch. Sieben Stunden klebte er laut eigenen Angaben auf der Straße.

+++ Braunschweig: „Letzte Generation“ legt Verkehr mit „Betonhänden“ lahm – jetzt drohen heftige Konsequenzen +++

Die Polizei schnitt den 22-Jährigen aus dem Asphalt. In Braunschweig mussten die Beamten zum ersten Mal mit solch schwerem Geschütz auffahren. Routine? Fehlanzeige. Ein bisschen Angst hatte Hendrik deshalb schon: „Natürlich spielt die Angst eine Rolle. Ich habe schon drüber nachgedacht, was passiert, wenn die Polizei abrutscht. Aber anders komme ich da nicht weg, also muss ich das Risiko eingehen.“

  • Aktivisten der letzten Generation stehen auf einer Straße in Braunschweig und blockieren den Verkehr

Klima-Aktivist kalkuliert Gefahren ein

Die Stimmung in der Bevölkerung heizt sich immer weiter gegen die „Letzte Generation“ auf. Mancherorts eskaliert die Situation zwischen Autofahrern und Aktivisten völlig und es wird körperlich. Doch auch dessen ist sich Hendrik bewusst. „Ich gehe das Risiko ein, weil für mich die Gefahr der körperlichen Gewalt weniger schwer wiegt, als die Folgen der Klimakatastrophe, in die wir reinrasen“, so der 22-Jährige.

Die Gefahr sei einkalkuliert, Schutz biete außerdem die Polizei, die bei den Aktionen schnell vor Ort sei. Hendrik will auf der richtigen Seite stehen. Die Leit-Frage seines aktuellen Lebens: „Mache ich wegen möglicher körperlicher Gewalt einen Rückzieher oder setze ich mich für das was wichtig ist ein?“ Hendrik formuliert es noch drastischer: „Die Klimakrise ist aus meiner Sicht ein so großes Problem, dass ich dem mein Leben unterordne.“

Bei der Protest-Aktion der „Letzten Generation“ in Braunschweig saß Hendrik, laut eigenen Angaben, rund 7 Stunden auf der Straße. Foto: Letzte Generation

Henrik hat Verständnis für Aggressionen

Was überrascht: Teilweise habe der Aktivist sogar Verständnis für die Aggressionen der Autofahrer. „Sich einzugestehen, was die Klimakrise für ein großes Problem ist und dass die Gesellschaft nur gemeinsam etwas dagegen tun kann, macht vielen Menschen Angst. Das kann ich verstehen“, erklärt Hendrik.

Die Stadt kündigte an, die betroffenen Aktivisten in Regress zu nehmen, sie sollen für die entstandenen Kosten aufkommen. Spurlos vorbei geht das an dem 22-jährigen Braunschweiger nicht. „Mir ist das nicht unbedingt egal, aber im Vergleich sehe ich die Klimakatastrophe als das sehr viel immensere Problem und ordne die möglichen Geldstrafen unter.“

Wie er die Strafe bezahle, fragt News38. „Vielleicht kann ich die Strafe gar nicht bezahlen, je nachdem wie hoch sie ausfällt. Aber das werde ich auf mich zukommen lassen müssen.“ Bislang habe er noch keine Post bekommen.

„Letzte Generation“ fordert Gespräch mit Braunschweig OB

Mittlerweile habe er sich von den Betonhänden befreien können. Wie? „Das ist im Endeffekt nur mit viel Liebe und Zeit möglich. Man muss probieren die Finger wieder aus dem Gemisch herauszupulen“, erklärt der 22-Jährige. Ganz ungefährlich ist die Aktion auch nicht. Weil die Beton-Masse sehr heiß werde, kann es zu Brandblasen kommen. „Ich selbst habe keine, aber das kann passieren.“


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Aufhören werde die „Letzte Generation“ erst, wenn Oberbürgermeister Thorsten Kornblum einem Gespräch zustimmt. „Wenn wir erst einmal ein Gespräch bekommen würden, dann würden wir den Protest auch erst einmal aussetzen.“ Doch was würde ein Gespräch bringen? „Die Städte sollen ihren Teil dazu beitragen Druck auf die Bundesregierung auszuüben. Ohne das kann es nicht funktionieren.“