Angesichts des unberechenbaren Kurses von Kreml-Diktator Wladimir Putin war auch der Wehrdienst ein zentrales Thema. Union und SPD planen ein neues, zunächst auf Freiwilligkeit basierendes Wehrdienstmodell. Philosoph Richard David Precht bezweifelt jedoch, dass Deutschland damit im Ernstfall verteidigungsbereit wäre. Besonders junge Menschen seien durch den gesellschaftlichen Wandel zu sehr sensibilisiert.
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Neues Modell für Wehrdienst
Union und SPD wollen ein neues Wehrdienstmodell einführen, das zu Beginn auf Freiwilligkeit setzt. Noch in diesem Jahr sollen dafür die Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung geschaffen werden – so steht es im von den Spitzenvertretern vereinbarten Koalitionsvertrag. Die Parteigremien müssen dem Vertrag noch zustimmen, bevor er unterzeichnet und CDU-Chef Friedrich Merz im Bundestag zum Kanzler gewählt werden kann.
SPD-Unterhändler drängten in den Verhandlungen vor allem auf Freiwilligkeit. Zudem forderten sie eine breite gesellschaftliche Diskussion über ein neues Wehrdienstmodell. Die Union hingegen sprach sich für eine Wiedereinführung der ausgesetzten Wehrpflicht aus. Angesichts der Bedrohungslage durch Russland-Präsident Wladimir Putin soll das den raschen Ausbau der Bundeswehr ermöglichen.
Problem durch gesellschaftlichen Wandel?
Philosoph Precht hält die gesellschaftlichen Voraussetzungen für eine militärische Aufrüstung in Deutschland für kaum gegeben. „Ich kenne in meinem gesamten Bekanntenkreis nicht einen einzigen Menschen, der im Falle eines Krieges – sei es Vater oder Mutter – seine Kinder in den Krieg schicken würde“, sagte er im „Spiegel-Spitzengespräch“. Trotz Milliardeninvestitionen sei die Bundeswehr nicht einsatzbereit, solange ihr das Personal fehle.
„Selbst wenn wir jetzt investieren in KI und Cyberkriegsführung – wir könnten keinen Krieg führen“, so Precht weiter. Der gesellschaftliche Wandel lasse sich nicht einfach zurückdrehen. „Der Sensibilisierungsprozess, den wir in unserer Gesellschaft durchlaufen haben, lässt sich nicht in drei oder vier Jahren außer Kraft setzen.“ Wer heute geboren werde, sei ein Kind „einer Überfluss- und Hochsensibilisierungsgesellschaft“.
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Im Juli 2011 war die Wehrpflicht in Deutschland nach 55 Jahren unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden. In der Praxis bedeutete das das Ende von Wehr- und Zivildienst. (mit dpa)