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Wolfsburg: Vincent starb auf Klassenfahrt – Eltern brechen ihr Schweigen! „Das darf nicht passieren“

Vincent aus Wolfsburg starb auf einer Klassenfahrt. Seine Eltern brechen jetzt angesichts des bevorstehenden Prozesses ihr Schweigen.

Wolfsburg
© IMAGO/Panama Pictures

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Es war seine erste – und zugleich letzte Klassenfahrt. Der zehnjährige Vincent aus Wolfsburg starb vor vier Jahren während eines Schul-Ausflugs im Waldpädagogikzentrum in Hahnhorst.

Eine 400 Kilo schwere Lore überrollte den jungen Wolfsburger. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen die Zentrums-Leiterin wegen fahrlässiger Tötung. Jetzt, wo rechtlich der Stein ins Rollen kommt, wollen auch die Eltern von Vincent nicht mehr schweigen.

Wolfsburg: „Wir sind ein bisschen wie Zombies“

Sie wollen Gerechtigkeit. Vincents Eltern Kathleen und Sven sind auch vier Jahre nach dem schrecklichen Unglück ihres Sohnes schwer traumatisiert. „Wir sind ein bisschen zu Zombies geworden. Wir leben auch für unsere Tochter. Sie ist wahrscheinlich auch der Grund, dass wir leben“, erzählt Vater Sven in der „Crimespot“-Doku auf Youtube.

Für die Eltern steht fest, sie wollen Gerechtigkeit. „Gerechtigkeit, dass geklärt wird, dass dieses Unglück hätte nie passieren dürfen.“ Kathleens größte Angst: Dass Vincent vergessen wird. „Das darf nicht passieren“, ergänzt Sven.

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Der 18. Juni 2019 veränderte das Leben der Familie für immer. Vincent war auf seiner ersten Klassenfahrt. Doch auf dem Gelände des Waldpädagogikzentrums stand eine alte Schienentransport-Lore, die als Sitzbank genutzt wurde. Weil sie aber auf Schienen stand, konnte sie bewegt werden. Einige Kinder spielten nach dem Frühstück auf der Lore, die Lehrer waren in Sichtweite. Doch plötzlich geriet Vincent unter die Räder. Der Zehnjährige wurde überrollt – er war sofort tot.

„Ich dachte, ich werde ohnmächtig“

Die Todesnachricht zog den Eltern den Boden unter den Füßen weg. Vater Sven war gerade auf der Arbeit, als die Polizei ihm von dem tödlichen Unfall berichtete. „Ich dachte, ich werde ohnmächtig“, erinnert er sich. Der schwerste Gang seines Lebens stand dem Vater noch bevor. Zusammen mit einer Polizisten musste er seiner Frau vom Tod des gemeinsamen Sohnes erzählen. „Dann nahm das Drama hier seinen Lauf, ich habe viele Gedächtnislücken, was dann die nächsten Stunden passiert ist“, erzählt Kathleen.

Vincents Eltern fahren einen Monat später zum Unglücksort. Der Leiter führte sie höchstpersönlich über das Gelände, sprach sein Mitgefühl aus. Was Kathleen und Sven noch nicht ahnen: Die Lore hätte freibeweglich gar nicht auf dem Gelände stehen dürfen, wie ein TÜV-Gutachten belegt. Für Sven ist eins noch immer nicht fassbar: „Unwirklich zu sehen, was da für ein Monstrum von Loren-Gestell rollbar auf einem alten Schienenstrang rumstand und niemand diese Gefahr erkannt hat.“

Familien-Anwalt spricht von „Höllengerät“

Der Familienanwalt spricht von grober Fahrlässigkeit, dass auf dem Gelände ein „Höllengerät“ platziert wurde und Kinder dort unbeobachtet drauf spielen konnten. Viereineinhalb Jahre tat sich in dem Fall nichts. Niemand trug die Verantwortung für Vincents tragischen Tod.

Doch auf der Anklagebank sitzt nun eine junge Zentrums-Leiterin wegen fahrlässiger Tötung. Der Prozess beginnt am 29. November. Ursprünglich ging die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Forstamtsleiter verantwortlich für die Sicherheit auf dem Gelände war. Doch das Oberlandesgericht sah die Verantwortung nicht bei ihm.

Das können Kathleen und Sven überhaupt nicht verstehen. Denn der Forstamtsleiter sei ihrer Meinung nach für das Gelände zuständig, kannte sich dort länger und besser aus, als die jetzige Angeklagte. „Wie kann es sein, dass so jemand, so aus der Schusslinie gerät, so dass er nicht mal mehr vor Gericht erscheinen muss. Ein absolutes Unding“, so Sven.

Vincent aus Wolfsburg soll keine Schuld am Unfall tragen

Vincents Eltern brechen ihr Schweigen, weil sie nicht wollen, dass es am Ende heißt, dass der Zehnjährige die Schuld für den tödlichen Unfall trägt. „Kein Kind dieser Welt, was Eltern aus den Händen geben, darf auf Klassenfahrt sterben“, so der Vater. „Es muss ein Urteil geben, wo niedergeschrieben steht, wer die Schuld trägt. Eine Schuld, ein Kinderleben nicht geschützt zu haben.“


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Das Zimmer von Vincent haben Kathleen und Sven seit viereinhalb Jahren nicht verändert. Damit er nicht vergessen wird. „Man gibt dann auch so ein Stück Kind mit weg“, erklärt Kathleen, warum der Raum für immer so bleiben soll.

Vincents kleine Schwester Nova hat auf einer Gedenk-Feier rührende Worte für ihren großen Bruder gefunden. Für sie steht fest: „Irgendwann sehen wir uns wieder.“