Veröffentlicht inSalzgitter

Salzgitter: Nach Anastasia-Urteil – Anwalt bekommt Hass zu spüren! „Schäm dich“

Nach dem Urteil im Falle des Mordes von Anastasia aus Salzgitter äußert sich der Anwalt des mutmaßlichen Täters. Inzwischen ist er selbst zur Zielscheibe geworden.

Rechtsanwalt Thilo Schäck, Verteidiger des Angeklagten, gibt vor dem Landgericht Braunschweig ein Interview. Dem jugendlichen Angeklagten wird vorgeworfen in Juni 2022 in Salzgitter gemeinsam mit einer weiteren Person ein 15 Jahre altes Mädchen getötet zu haben. +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: picture alliance/dpa | Swen Pförtner

Das Urteil um den Mord an Anastasia (†15) aus Salzgitter schlägt weiterhin hohe Wellen.

News38 hat mit demjenigen gesprochen, der den mutmaßlichen Mädchen-Mörder aus Salzgitter verteidigt – mit Anwalt Thilo Schäck. Er fühlt sich teils missverstanden – und wird offenbar auch angefeindet.

Salzgitter: Beweislage zu dünn?

Schäck sieht in dem verurteilten Teenie-Mörder weiterhin keinen Killer: Er sei ein „normaler junger Mann“, der unschuldig verurteilt worden sei. Auch nach allen psychiatrischen Untersuchungen habe es geheißen, dass es bei ihm keine Auffälligkeiten gebe. „Die Beweislage sei sehr, sehr dünn.“ Sein Mandant sei nach eigener Aussage „teilweise am Tatort gewesen“. Was in dem Waldstückchen in Salzgitter passiert sei? „Nach meiner Bewertung spricht sehr viel dagegen, dass mein Mandant die Tat begangen hat.“

Dass ein Teenager eine Teenagerin ermorde, sei für ihn sehr abwegig. „Dafür muss man schwerst psychisch krank sein. Oder ein unheimlich starkes Motiv haben. Ja, jeder kann zum Mörder werden, aber hier hat mir der Grund gefehlt. Anastasia und mein Mandant sollen befreundet gewesen sein. Daher fehlt mir hier der Grund“, so der Anwalt des verurteilten Mörders. Wie der das Urteil aufgenommen hat? „Na klar, das ist in dem Alter eine große Belastung. Er hat das aber mit Fassung aufgenommen“, so Schäck.

Salzgitter: Anwalt legt Revision ein

Mit einer Sache will er unbedingt aufräumen: „Natürlich sind es Anastasias Familie und all ihre Freunde, die in ihrem Leben am meisten Unglück erfahren haben und leiden. Völlig klar. Da ist auch mein höchstes Mitgefühl da. Ganz unabhängig von der Täter-Frage.“ Aber klar sei auch, dass das Urteil für seinen Mandanten und dessen Familie auch schwer zu ertragen sei.

Kein leichter Job: Rechtsanwalt Thilo Schäck verteidigt im Mordfall Anastasia den mutmaßlichen Killer. Der Jurist ist von dessen Unschuld überzeugt. Foto: picture alliance/dpa | Swen Pförtner

Dass sein Mandant die 15-Jährige nicht umgebracht habe, daran zweifle er nicht. Daher habe er auch Revision eingelegt. Es dürfte noch ein paar Wochen dauern, bis der Bundesgerichtshof darüber entscheidet. Oder Monate.

Thilo Schäck war in dem Fall Pflichtverteidiger. Er hat das Mandat aber freiwillig übernommen. Nach dem Urteil erreichten ihn aber auch einige Hassmails, sagte und schickte er zu News38. „Schäm dich, Thilo“ ist da noch harmlos. „Das sollte Ihrer Familie mal passieren, dann würden Sie vielleicht anders denken..“


Mehr News:


Die 15-jährige Anastasia war am 19. Juni 2022 auf einem verwilderten Grundstück in Salzgitter erstickt worden. Neben dem damals 14-Jährigen soll noch ein 13-Jähriger mit in den Mord verwickelt gewesen sein – er war wegen seines Alters aber strafunmündig. Der heute 15-Jährige wurde zu acht Jahren Haft verurteilt.


Mehr zum Thema:

Anastasia (†15) ermordet – krass, womit ihr Papa ins Gericht kommt

Nach Mord an Anastasia (†15) – Anklage enthüllt erschütternde Details

Nach grausamen Mädchen-Mord – Minister legt DAGEGEN jetzt sein Veto ein

Abschied von Anastasia – „Grausame Tat hat ihr Leben zerstört, nicht aber ihre Botschaft“


Dass nur einer der beiden mutmaßlichen Täter angeklagt werden kann, macht viele Menschen fassungslos. Auch der Opfer-Anwalt hatte sich dazu geäußert: „Es ist nach wie vor unerträglich, dass der 13-jährige mutmaßliche Mittäter nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann“, sagte Steffen Hörning zu News38. Und tatsächlich tendiert sein Gegenüber im Anastasia-Prozess in eine ähnliche Richtung. Schäck sagt, dass man durchaus eine Altersgrenze ziehen müsse – aber die könne auch flexibel sein: „Ich finde den Gedanken nicht dumm, von Fall zu Fall zu entscheiden.“